Donnerstag, 24. Mai 2012

Volkes Stimme in Liechtenstein


 

Nicht ganz ungetrübt ist das Verhältnis der Liechtensteiner zu ihrem Fürsten. Der Fürst hat traditionell eine starke Stellung, die in der Verfassung des Landes verankert ist. Insbesondere das ihm eingeräumte Vetorecht ist manchen Bürgern ein Dorn im Auge und wird von ihnen als nicht demokratisch betrachtet. So kann er die vom Parlament beschlossenen Gesetze seine Sanktionierung verweigern und so ihr Inkrafttreten verhindern. Auch die ihm eingeräumte Möglichkeit, die Regierung oder einzelne ihrer Mitglieder jederzeit und ohne die Angabe von Gründen zu entlassen, sorgt für Misstrauen.


 

Jetzt will eine Volksinitiative das Vetorecht kippen. "Ja – damit deine Stimme zählt" - unter diesem Slogan hat sie die ersten Hürden auf dem Weg zum Erfolg genommen und die erforderlichen Unterschriften gesammelt. Der nächste Schritt war dann die Abstimmung im Landtag, die jetzt erfolgte und einen für das Volksbegehren günstigen Ausgang hatte. Mit 18 Jastimmen zu 7 Neinstimmen lehnte der Landtag erwartungsgemäß die Initiative ab – und öffnete damit den Weg zur Volksabstimmung. Voraussichtlich am 1. Juli wird es zu dieser Abstimmung kommen.


 

Der Landtag brauchte nur vierzig Minuten für die Debatte über die Volksinitiative. Eine wichtige Vorentscheidung hatte die Vaterländische Union, als die stärkste Partei, mit der Zeit sogar absoluter Mehrheit, schon zuvor getroffen. Sie hatte für diese Abstimmung ihren Abgeordneten freigestellt, wie sie abstimmen wollten. Deshalb finden sich die VU Abgeordneten sowohl bei den Befürwortern als auch bei den Ablehnern. Erwartungsgemäß abgelehnt wurde die Initiative von der Fortschrittlichen Bürgerpartei, deren Abgeordnete mit einer Ausnahme geschlossen dagegen stimmten.


 

Die Abstimmung zeigt, dass die Stellung zum Vetorecht auch innerhalb der Parteien nicht einheitlich ist. Auf der einen Seite steht die Treue zum Fürstenhaus, die das Land seit Jahrzehnten prosperieren lässt. Auf der anderen Seite stehen die Einschränkungen der Demokratie, auch wenn sich diese in der Praxis so gravierend nicht bemerkbar machen. Aber der Fürst, genauer gesagt der mit den Staatsgeschäften betraute Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, hat eben die Möglichkeit dazu. Das führt bei manchem Bürger und wohl auch bei dem einen oder anderen Abgeordneten zu Unbehagen.


 

Mit Sorge wird aber gesehen, dass die Volksinitiative zu einer Konfrontation führen könnte. Dass von ihr propagierte "Entweder – oder" verhindert es, durch ein gemäßigtes "Sowohl – als auch" einen Ausgleich der Interessen herbeizuführen. Diese Möglichkeit sei nun erst einmal vertan. Trotzdem setzt die Vaterländische Union auch weiterhin darauf, mit dem Fürstenhaus einen Konsens hinsichtlich des Vetorechtes zu erreichen.


 

Für die FBP als zweite große Partei und Mitglied in der Regierungskoalition stellt das Vetorecht ein Kernstück der Liechtensteiner Verfassung dar. Sie steht deshalb hinter der heutigen Staatsform und möchte sie möglichst erhalten. Die Abschaffung des Vetorechtes würde dazu führen, dass das Gleichgewicht zwischen dem Fürsten und dem Volk nicht mehr gewahrt wäre.


 

Bleibt noch die Ansicht der Opposition im Landtag zu erwähnen, die von Pepo Frick von der Freien Liste repräsentiert wird. Er sprach sich für die Volksinitiative aus, damit eine Abstimmung des Volkes auch ihre Gültigkeit behalte.

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